Boden ist eine begrenzte Naturressource, die sich nicht vermehren lässt. Auf unserem Grund und Boden spielen sich das Leben, Wohnen und Arbeiten ab. Doch die Preise auf Grund und Boden steigen. Deshalb ist es wichtig, sich jetzt einen Plan zu machen, wie wir dieses Jahrzehnt gestalten wollen. Angesichts der Eröffnung des BER, der Ansiedlung von Tesla, weiteren Zulieferbetrieben und mehr Zuzug als Wegzug steht Frankfurt in diesem Jahrzehnt vor wichtigen Richtungsentscheidungen.


Der Kreisvorstand DIE LINKE. Frankfurt (Oder) beschloss deswegen am 06.01.2021 auf Antrag von mir, Stefan Kunath, die bodenpolitischen Leitlinien: Frankfurt Land in gemeinwohlorientierte Hand! Hier klicken um zu den Leitlinien zu springen.


Mit unseren Leitlinien schlagen wir einen Werkzeugkasten für die nächsten zehn Jahre vor, um die Flächenpotentiale für die Zukunft unserer Stadt bestmöglich zu nutzen. Mit unseren Vorschlägen wollen wir bodenpreisdämpfend wirken, um preisgünstig Wohngebiete und Gewerbeflächen zu entwickeln. Uns ist wichtig, dass die Stadt die größtmögliche Kontrolle hat, um Flächen nach eigenen Kriterien zu entwickeln.

Bisher befinden sich nur 11 Prozent des Baulands im kommunalen Eigentum, so die mündliche Antwort des Geschäftsbereichsleiter für Stadtentwicklung André Benedict Prusa in der letzten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung auf meine Anfrage.

Mit unseren bodenpolitischen Leitlinien wollen wir mit anderen Parteien und der Stadtgesellschaft in den Dialog treten, um gemeinsam nach den Antworten zu ringen, mit welchen Mitteln wir die Flächen unserer Stadt bestmöglich entwickeln können. Unsere Leitlinien sind ein Aufschlag für eine gesamtstädtische Debatte.


Fragen & Antworten im Video


Bodenpolitische Leitlinien

In diesem Jahrzehnt steht Frankfurt vor einem Richtungswechsel. Erfreulicherweise verzeichnet unsere Stadt auf langfristige Sicht wieder mehr Zuzüge als Wegzüge. Perspektivisch entwickelt sich der Frankfurter Wohnungsmarkt von einem Angebotsmarkt zu einem Nachfragemarkt. Mit der Ansiedlung von Tesla in Grünheide entsteht ein neuer Industriezweig, der die Niederlassung von Zulieferbetrieben nach sich ziehen wird. Der BER wird im Regelbetrieb weitere Unternehmen in die Region ziehen. Damit steht unsere Stadt vor neuen Herausforderungen, denen wir uns stellen wollen. Schon jetzt steigt in unserer Region der Wert von Grund und Boden. Doch der Boden ist eine begrenzte Naturressource, die sich nicht vermehren lässt. Dies führt zu steigenden Preisen beim Bau von Immobilien und bei Wohnungsmieten. Wir wollen verhindern, dass Grund und Boden der Spekulation und den Renditeerwartungen einiger Weniger auf Kosten der Allgemeinheit zum Opfer fallen. Deshalb wollen wir unseren Boden unter die größtmögliche demokratische Kontrolle stellen. Damit können wir eine moderate Boden- und Immobilienpreisentwicklung, bezahlbare Mieten, adäquate Wohnungsangebote und eine gute soziale Infrastruktur sichern. Kommunale Hoheit über Grund und Boden ist die Voraussetzung, um unsere Stadt als Wohn- und Lebensort für alle Menschen zu gestalten – egal welches Einkommen, welche Herkunft, welchen Alters. Wir schlagen vor, die Bodenpolitik unserer Stadt mit folgenden Leitlinien und Instrumenten zu gestalten:

Keine Privatisierung von öffentlichen Böden

Wir wollen grundsätzlich keine Privatisierung von öffentlichem Grund und Boden. Bezahlbares Bauen und damit auch bezahlbare Mieten sind nur möglich, wenn mehr Bauland in öffentlicher Hand ist und damit der Marktlogik entzogen wird. Sollten Grundstücke in kommunalem Eigentum oder kommunaler Dritter in Einzelfällen veräußert werden, soll ein Wiederkaufsrecht der Kommune zum Preis der Veräußerung vereinbart werden.

Bauland in Gemeinschaftshand

Bauerwartungsland und Bauland gehören in städtisches Eigentum, um es wirklich entwickeln zu können. Deshalb wollen wir eine öffentlich beschränkte Baulandausweisung (Landauer Modell). Baugebiete werden nur dort ausgewiesen, wo die Stadt zu 100 Prozent Eigentümerin der Flächen ist oder werden kann. Alternativ können kommunale Dritte wie die Wohnungswirtschaft oder andere genossenschaftliche, gemeinwohlorientierte oder gemeinnützige Träger in das Eigentum der zur Entwicklung anstehenden Flächen eintreten. Nur dann kann die Gemeinde über zeitlich gestufte Konzeptvergaben bodenpreisdämpfend wirken und sicherstellen, dass Bauland auch baulich genutzt wird, und steuern, dass Wohnraum für die Menschen entsteht, die ihn dringend benötigen.

Erbbaupacht für privat Bauende

Wir wollen einen systematischen Einstieg in das Erbbaurecht, indem es zum Normalfall für die Vergabe von Grundstücken wird. Die Nutzungsrechte des Grundstücks gehen an den Erbbauberechtigten über, zugleich bleibt die Stadt Eigentümerin der Grundstücke und kann nach Ablauf der Erbbaupacht wieder über diese verfügen. Erbbaurecht ermöglicht Haushalten mit weniger Einkommen Wohneigentum, weil die Grundstückskosten für den Erbbauberechtigten entfallen. Die Stadt kann soziale Gestaltungsmöglichkeiten entfalten, indem beispielsweise junge Familien einen geminderten Erbbauzins erhalten, solange die Kinder bei ihren Eltern leben. Anstatt einmalige finanzielle Effekte durch den Verkauf von Boden zu generieren, erhält die Stadt laufende Einnahmen aus dem Erbbauzins sowie der Bodenwertsteigerungen.

Konzeptvergabe statt Höchstpreise

Sollten Grundstücksveräußerungen in Ausnahmefällen an private Investor:innen stattfinden, sollte das Grundstück nicht nach dem Höchstpreis vergeben werden, sondern nach dem besten Konzept. Kriterium sollte sein, ob sich das Investitionsvorhaben mit den Entwicklungszielen der Stadt deckt. Dies gilt insbesondere für Entwicklungen in der Innenstadt, aber auch bei künftigen identitätsprägenden Projekten in den Stadt- und Ortsteilen.

Soziale und ökologische Kompensation

Private Bauinvestitionen müssen sich in angemessener Form an den Kosten der durch das Neubauvorhaben verursachten Bedarfe bei der Verkehrsinfrastruktur sowie der sozialen Infrastruktur beteiligen. Hierzu zählen Kita- und Schuleinrichtungen sowie Kompensationsmaßnahmen beim Umwelt- und Klimaschutz. Bei Verkäufen von städtischen Flächen und neuem Baurecht muss bei Neubauten für Wohnungen ab einer Größte von zehn Wohneinheiten ein angemessener Anteil mit Mietpreis- und Belegungsbindung entstehen. Alternativ müssen Investor:innen einen angemessenen finanziellen Beitrag an die Stadt entrichten, damit diese Wohnraum mit Mietpreis- und Belegungsbindung sicherstellt und schafft.

Wertsteigerungsausgleich

Wir wollen, dass bei Entwicklungsvorhaben ein angemessener Anteil des späteren Baulandpreises in die Verbesserung der städtischen Infrastruktur fließt, beispielsweise in die Reparatur von Gehwegen und den Ausbau des Radnetzes. Dieser Kostenanteil soll nicht auf den Grundstückspreis aufgeschlagen, sondern vom Ankaufspreis abgezogen werden. Stattdessen sollen die Grundstücks(alt)eigentümer:innen, die von der „Veredelung“ des Bodens zum Bauland profitieren, finanzielle Verantwortung für die Entwicklung des Gemeinwohls übernehmen.

Boden- und Wohnraumbedarfsanalysen

Die Stadt muss eine fundierte Datengrundlage zum Bodenmarkt schaffen und sicherstellen. Diese Daten müssen Auskunft über die Baulandreserven und die Siedlungserweiterungsflächen sowie über die Eigentumsverhältnisse geben. Parallel dazu soll die Stadt ein Wohnraumbedarfsmodell entwickeln, um allen Bedarfen an Wohnraumformen gerecht zu werden, insbesondere beim altersgerechten und dem preisgünstigen Wohnraum.

Frankfurter Bodenfonds

Wir wollen eine aktive Bodenbevorratungspolitik durch einen Frankfurter Bodenfonds. Der Bodenfonds soll aus dem regulären Haushalt ausgelagert sein. Einnahmen aus Erbbaupachtverträgen, Baulandentwicklung oder Bodenverkäufen sollten im Bodenfonds zweckgebunden zum Ankauf neuer Flächen sowie zur Baulandentwicklung eingesetzt werden. Denkbar wäre ein städtischer Eigenbetrieb, der Transparenz über bodenpolitische Maßnahmen sichert und die größtmögliche demokratische Kontrolle durch die Stadtverordnetenversammlung herstellt. Alternativ ist die Gründung einer städtischen Gesellschaft denkbar. Diese hätte den Vorteil, durch eine eigene Rechtsträgerschaft kreditfähig zu sein.

Bodenbeirat

Eine weitere Demokratisierung bei der Vergabe von Grundstücken wollen wir über die Einrichtung eines Bodenbeirats erreichen. Dieser soll sich aus Mitgliedern der Zivilgesellschaft zusammensetzen und eine beratende Funktion beim Frankfurter Bodenfonds übernehmen.

Flächenankaufstrategie

Trotz angespannter Haushaltslage braucht Frankfurt mittelfristig eine Flächenankaufstrategie. Ziel muss die Erhöhung des kommunalen Anteils an Grund und Boden sein und die Erweiterung strategischer Flächenreserven. Ein größeres kommunales Angebot von nicht spekulativ überteuerten Grundstücken wirkt mittelbar dämpfend auf die Preisbildung des gesamten Bodenmarktes, vergrößert das Portfolio an Liegenschaften und vergrößert Chancen auf Bodentauschgeschäfte.

Bund gefragt: Bodenspekulation eindämmen, Bodenwertzuwächse besteuern

Auf Bundesebene braucht es weitere Maßnahmen, um Bodenspekulation einzudämmen. Hierzu zählt eine Reform des Erbbaurechts, die den Erbbauzins an einem sozial verträglichen Ertragswert orientiert, damit das Erbbaurecht insgesamt attraktiver wird. Außerdem muss der künftige Bundestag dringend eine Bodenwertzuwachssteuer einführen. Hierüber sollen leistungslose Gewinne aufgrund steigender Grundstückspreise besteuert werden und die Einnahmen an die kommunalen Haushalte fließen. Insbesondere wollen wir die Spekulationsfrist beim Immobilienverkauf abschaffen. Jährlich entgehen dem Staat 6 Milliarden Euro, weil Gewinne aus privaten Grundstücksveräußerungen nach zehn Jahren steuerfrei sind. Außerdem wollen wir die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieten abschaffen und kommunales Vorkaufsrecht über eine Änderung der Bundesgesetze stärken.


Auf der Seite der LINKEN Frankfurt (Oder) sind die bodenpolitischen Leitlinien auch als PDF-Download verfügbar:

https://www.dielinke-ffo.de/start/detail/news/bodenpolitische-leitlinien-fuer-frankfurt-oder/

Beitrag teilen:

Stefan Kunath auf anderen Plattformen:

Weiter lesen: